Donnerstag, 16 November 2023 13:31

Exponat des Monats November 2023

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Türlochstein von Altendorf Türlochstein von Altendorf Rosemarie Neumeyer

Das Seelenloch aus dem Steinkammergrab bei Altendorf

Von Hermann Neumeyer

In der Abteilung zur Vor- und Frühgeschichte des Wolfhager Regionalmuseums fällt ein Doppelstein mit einem großen Loch in der Mitte auf. Was hat das zu bedeuten?

Wir sind in der Jungsteinzeit (Neolithikum), die allgemein als die Zeit der Sesshaftwerdung des Menschen gilt, genauer in der Wartbergkultur, benannt nach dem Wartberg bei Kirchberg im Schwalm-Eder-Kreis, die von 3500 v. Chr. bis 2800 v. Chr. datiert wird. Dieser Doppelstein  gehört zu dem Steinkammergrab von Altendorf südlich von Naumburg, bei dem es sich um ein Galeriegrab (italienisch „galleria“ = „langer Säulengang“) handelt. Mit seiner Länge von 17 m, Breite von 2,9 m und Höhe von 1,4 m verweist es darauf, dass bei diesen Gräbern die Bearbeitung von großen Steinen (Megalithen), wie man sie bei diesem Grab an den Wänden und in der Decke findet, eine zentrale Bedeutung hatte. Der Doppelstein mit dem Loch diente zur Unterteilung von Vorraum und Hauptraum und die Menschen glaubten, dass durch das Loch die Seele entweichen konnte. Deshalb wird es auch das Seelenloch genannt. Das Seelenloch (oder auch Türloch) wird von zwei grob behauenen Steinblöcken gebildet, die zu einer Querwand des Grabes zusammengestellt sind und die das Grab in einen Vorraum und in einen Hauptraum unterteilen.
Auf einem großen Wandfoto ist der Fundort dieses Hünengrabes auf einem Feld markiert. In diesem 1907 entdeckten und 1934 ausgegrabenen Grab fand man mehr als 200 Skelette, was auf eine Nutzung über einen längeren Zeitraum hinweg deutet. Ebenso konnte man zahlreiche Grabbeigaben wie Gefäße, Pfeilspitzen, Tierzähne und Tierknochen ausgraben, von denen Originale und Nachbildungen in der zugehörigen Wandvitrine ausgestellt sind. Außer dem Türlochstein im Wolfhager Museum sind heute keine Reste dieses Altendorfer Galeriegrabes mehr vorhanden.
Das Baumaterial aus Buntsandstein für die Wandplatten des Grabes stammt aus der unmittelbaren Umgebung. Drei mögliche Entnahmestellen konnten nördlich, südlich und südöstlich in Entfernungen zwischen 200 m und 300 m ausgemacht werden. Der Muschelkalk für das Bodenpflaster wurde aus  etwa 1 km Entfernung herbeigeschafft.
Der Boden war eingesenkt und mit einem Grabhügel bedeckt. Der Zugang erfolgte über einen Vorraum an der Schmalseite wie beim Typ „Züschen“ (bei Fritzlar) oder über einen Gang an der Längsseite wie beim Typ „Rimbeck“ (bei Warburg-Scherfede). Das bisher bekannte Verteilungsbild solcher Steinkammergräber zeigt aus mehreren Gräbern bestehende Gruppen in Abständen von ca. 30 km Entfernung voneinander.
Schlüsselt man das Alter der Bestatteten genauer auf, erhält man einen stichprobenartigen Einblick in das Sterbealter zur Zeit der Wartbergkultur. So sind z.B. die 40 Altersjahrgänge der Einundzwanzig- bis Sechzigjährigen durchschnittlich mit einem Anteil von 1,80%  in jedem Jahrgang  in dem Grab vertreten und die Altersjahrgänge der Kinder unter sechs Jahren durchschnittlich mit einem Anteil von jeweils 1,63% pro Jahrgang. Vierzehn- bis Siebzehnjährige aber gibt es gar nicht in dem Grab. In der Grabkammer wurden auch zwei vollständige Hundeskelette gefunden, die ebenfalls auf eine Bestattung zurückgehen.
Die Galeriegräber der Wartbergkultur entstanden zwischen 3500 v. Chr. und 2800 v. Chr. vornehmlich in Nordhessen und Ostwestfalen. Die Wartbergkultur unterscheidet sich von der in Norddeutschland und Südskandinavien bereits 1000 Jahre früher einsetzenden Trichterbecherkultur, die erstmals zu einer sesshaften und von der Landwirtschaft geprägten Viehzucht mit Rindern an der Stelle von Schafen, Ziegen und Jagd führte.


Gelesen 118 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 16 November 2023 13:46
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