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Donnerstag, 09 Juni 2022 09:46

Exponat des Monats Juni 2022

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Hermann Neumeyer mit dem mittelalterlichen Beleuchtungsstein Hermann Neumeyer mit dem mittelalterlichen Beleuchtungsstein Beate Bickel

Stein zur Heizung und Beleuchtung im Museum 

Von Hermann Neumeyer

 

In der Abteilung „Burg und Stadt im Mittelalter“ befindet sich ein merkwürdiger Stein in der Form eines sorgfältig behauenen Quaders, der an seiner Oberfläche, in fünf Reihen angeordnet, 31 halbkugelförmig ausgebohrte Löcher aufweist. Es handelt sich dabei um einen Sandstein, dessen besondere Härte im Laufe der Erdgeschichte durch Dolomitisierung entstanden ist.

Somit haben wir hier ein besonders hartes, gleichzeitig aber auch leicht poröses Gesteinsmaterial von demzufolge schlechter Wärmeleitfähigkeit bzw. Wärmeabgabe vor uns.Die Dolomitisierung ist dabei ein natürliches Phänomen unter der Einwirkung von magnesiumhaltigem Wasser, bei dem hier der im Sandstein eingeschlossene Kalk in Dolomit umgewandelt wurde. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch daran, dass Dolomitkalk für die Produktion von feuerfestem Material verwendet wird. 

Die Gesteinsstruktur des Quadersteines wäre damit also vorrangig mit einer ursprünglichen Nutzung des Steines als Beleuchtungs- bzw. Heizungsstein vereinbar und weniger mit einer Nutzung als Aufbewahrungsstein, Kugelgießstein oder Spielstein. Das kleine Loch zwischen der dritten und der vierten Reihe könnte als Transporthilfe gedient haben. Diese Annahme wird vor allem durch einen Vergleich mit einem ähnlichen Stein aus einer Landkirche in Schweden erhärtet. Dieser gotländische Stein ist mit acht solchen Löchern ausgestattet und befindet sich heute im Fornsal-Museum in Visby.  Da der im Wolfhager Regionalmuseum ausgestellte Stein im Hangschutt der ehemaligen Burg Naumburg gefunden wurde, hätte er demzufolge einen Beitrag zur Verbesserung der Wohnlichkeit auf der ehemaligen Burg Naumburg geleistet.

Diese Burg wurde wahrscheinlich bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts von dem auf der nahen Weidelsburg ansässigen örtlichen Adelsgeschlecht derer von Naumburg erbaut. Die Deutung des vorgelegten Steines als Heizungsstein steht im Einklang mit Berichten über das Leben auf mittelalterlichen Burgen. Danach war Heizen in den kalten, zugigen und überwiegend feuchten Burgräumen nicht einfach.  Die ausgefeilte Heizungstechnik der Römer war nach ihrem Abzug im 4. Jahrhundert erst einmal vergessen. Der Wirkungsgrad der Kamine war nicht sehr hoch. Wohlige Wärme verbreitete sich nur in unmittelbarer Nähe der Flamme. Selbst wenn man sich direkt vor dem Feuer aufhielt, mussten hohe Stuhllehnen und wärmereflektierende Wandschilde dafür sorgen, dass keine kalte Luft in den Rücken zog. Nur wenige Räume konnten im Winter überhaupt geheizt werden und es war nicht leicht, Licht in die oft dunklen Räume zu bringen.

In den Fensternischen saß man erhöht, um auch im Winter, wenn man das spärliche durch die Fensterläden fallende Licht nutzen wollte, der Fußkälte zu entgehen. Der hohe Aufwand und die geringe Effektivität sind verantwortlich dafür, dass nur wenige Räume, nämlich der Saal, die Kemenate, das Badehaus und einige Wächterräume, in den Burgen überhaupt beheizbar waren. Auf vornehmen Burgen brachte der Burgherr Holzvertäfelungen an oder hängte Wandteppiche auf, um die Wände wenigstens etwas zu isolieren.  

 

Weitere Informationen:  Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de 

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.

 

 

Gelesen 1958 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 09 Juni 2022 10:04